Stellungnahme des Pastors als Rundmail an alle Mitglieder der Pfarrgemeinde- und Verwaltungsräte in der Pfarreiengemeinschaft Andernach

Andernach, 22. November 2019
Der heutige Tag ist ein denkwürdiger und tragischer zugleich. Sie haben sicher mitbekommen, dass die römische Kurie, namentlich die Kleruskongregation, das von unserem Bischof erlassene „Gesetz zur Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode 2013-2016“ mit sofortiger Wirkung ausgesetzt hat, um Einwände zu prüfen, die seitens einer Priestergemeinschaft und seitens der Initiative „Kirchengemeinde vor Ort“ um Herrn Cronauer in Rom vorgetragen wurden.
Was da jetzt passiert ist, ist ein formaler Akt, den unsere Bistumsleitung wohl nicht vorhersehen wollte, der aber eigentlich in so einem Fall „normal“ ist, denn er verschafft allen Beteiligten Zeit.
Die römischen Behörden werden diese Zeit brauchen, um sich in die synodalen Pläne im Bistum Trier einzuarbeiten und zu klären, ob das Trierer Gesetz, dessen Inhalt wir bei der ersten großen Versammlung aller Räte im Sommer diesen Jahres diskutiert und dann in der formalen Anhörung bewertet haben, mit dem Selbstverständnis der Kirche einhergeht.
„Wir“ haben nun auch diese Zeit, um nochmal durchzuatmen nach der aufgekommenen allgemeinen Unzufriedenheit über das Tempo der Bestimmungen, die man über uns ausgeschüttet hat, und die täglich neue Blüten getragen haben. Hier war ganz klar zu sehen, dass das Organisationssystem „hinter“ dem guten Willen und Bestreben der Synode, das Leben der Kirche durch die Aufhebung von Strukturen, die längst nicht mehr der Lebenswirklichkeit vieler Menschen heute entsprechen, nicht funktionieren würde. Uns hier im Pfarrbüro war bis heute nicht wirklich klar, wie der „Betrieb“ nach dem 01.01. im „Alltagsgeschäft“ hätte laufen sollen. Die Gottesdienste und die pastoralen Aufgaben wären da nicht das Problem gewesen. Aber der Übergang von der einzelnen Pfarrei zur großen „Pfarrei der Zukunft“ war und ist nach wie vor ein „Abenteuer“.

Es bleibt die Frage, warum diese Intervention gerade jetzt kommt, 6 Wochen vor dem Wechsel.

Das hat damit zu tun, dass der Bischof jetzt erst durch die Unterzeichnung des Gesetzes und der Dekrete zur Aufhebung der Pfarreien rechtswirksam Fakten geschaffen hat, gegen die man auch rechtswirksam Einspruch einlegen kann. Vorher war alles immer nur eine „Absicht“, die ja täglich neu hätte modifiziert werden können. Nun liegen die Fakten auf dem Tisch – und die Priestergemeinschaft „Unio Apostolica“ hat die zuständigen Stellen in Rom um Klärung gebeten, nachdem man mehrmals beim Bischof vorstellig wurde und sowohl schriftlich, wie auch im persönlichen Gespräch die Bedenken gegen die vorliegende Reform vorgetragen hat. Ich weiß von Mitgliedern der Unio, dass sie dem Bischof auch den Beschwerdebrief nach Rom noch vor der Absendung persönlich zur Kenntnis gegeben haben. Spätestens hier wäre ein konstruktives Ernstnehmen der Einwände hilfreich gewesen.
Auch die Initiative „Kirchengemeinde vor Ort“ hat im Vorfeld mehrfach angekündigt, den Rekurs nach Rom anzutreten, wenn man in der Bistumsleitung die Stimmen vieler Christen nicht ernsthaft hört und hören will.
Spätestens der Umgang der Bistumsleitung mit den Ergebnissen der Anhörung hat viele Menschen erstaunt, wie sehr man doch auch in klaren Gegenstimmen die scheinbare Bereitschaft zur Zustimmung sieht. Hier hätten die Kritiker ernster genommen werden müssen.
Stattdessen hatte man immer nur den Eindruck, dass die Dinge formal durchgejagt werden, damit der Termin 01.01.2020 gehalten werden kann. Während man im Jahr 2018 fast kaum etwas von der Synodenumsetzungsarbeit aus Trier gehört hat, bekamen wir in diesem Jahr reichlich und immer wieder zu lesen, was die Leitungskommission final entschieden hat. Sie alle haben die kaum zu bewältigende Flut von Papier und Informationen ja erhalten. Und viele haben nach den ersten Seiten der Lektüre resigniert… Verständlich.
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Mir ist es wichtig, festzuhalten, dass die Intention der Synode zu mehr Mitbeteiligung, zur Wahrnehmung des Einzelnen, zur Orientierung auf Bedarf und Bedürfnisse der Gemeinden und Gruppen und zur Vernetzung auf großem Raum richtig waren und – so glaube ich – weiterhin richtig sind.

 

Als ehemaliger Synodaler stelle ich mich hinter das Abschlußdokument und halte es weiter für richtungsweisend.
Aber das Ergebnis der Umsetzung stiftet viel Unfrieden – und der bricht jetzt auf. Synodenanhänger, Synodenkritiker, Berufsgruppen der Pastoral- und Gemeindereferent*innen und der Priester, Laienorganisationen, Willige des neuen Weges und Leute die ihre innerkirchliche Beheimatung in den bestehenden Strukturen festhalten wollen stehen da einander gegenüber.
Weil das so ist, und weil man damit die Auseinandersetzung in der Sache nur verschleppt, bin ich ehrlich froh über den „Break aus Rom“, der jetzt erstmal gilt. Damit ist die Synode weder aufgehoben noch unwirksam. Aber alle, die bisher selbstbewußt die Verantwortlichkeit für die letzten Entscheidungen für sich reklamiert haben, werden jetzt nochmal eine Runde Zeit haben, den bisherigen Weg zu überdenken und die Ergebnisse ihres Entscheidens nochmal anzuschauen. Und wenn Sie’s gut machen, dann nehmen sie – ganz synodal – die Leute in der Fläche des Bistums mit.
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Sie können sich vorstellen, dass heute viel kommuniziert wurde, per Telefon, WhatsApp, facebook und e-mail…
„Wir“ hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben unser Netzwerk mit anderen Gemeinden und Kollegen ausgenutzt um mal zu hören, wie man die Lage dort einschätzt. Was wir gehört haben, bestätigt den eben beschriebenen Eindruck: Viel Erleichterung und Dankbarkeit für die Denkpause, aber auch Sorge, das der Weg jetzt so aprupt gestoppt und zu Ende sein könnte. Niemand will zurück in alte Zeiten, jeder weiß, dass wir uns nach vorne entwickeln müssen. Aber ganz Viele sind dankbar, dass man nun angehalten ist, noch mal Alternativen zu dem jetzt gestoppten Weg zu bedenken.
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So, jetzt habe ich Sie bis hierher mit meinen Gedanken zur Sache beansprucht…
Aber ich möchte Sie an so einem Tag auch wissen lassen, wie ich persönlich die Sache sehe.
Die Medien werden ihre eigene Interpretation haben… und da ist das Eine oder Andere an Hintergrundwissen nicht verkehrt, um sich ein Bild zu machen.

 

Stefan Dumont