Die lange Geschichte der St. Michaelskapelle ist verbunden mit dem wechselhaften kirchlichen Leben im ihrem Umfeld. Bereits vom 6. bis 9. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein Kloster mitsamt einer Stephanskirche. 1129 wurde dieses unter Führung der Augustinerinnenschwester Texwindis als „Abtei unserer Lieben Frau vor den Mauern“ wiederbesiedelt. Nach Plünderung der Stadt und des Klosters 1198 wurde in den folgenden Jahren die Klosterkirche, die dem zur selben Zeit errichteten Mariendom nicht unähnlich war, wiedererrichtet. Ebenso konnte 1220 die Friedhofskapelle des Klosters, die wie alle Friedhofskapelle dem Patrozinium des Erzengels Michael unterstand, geweiht werden. Trotz ihrer recht einfachen Funktion, zeigt die St. Michaelskapelle einen reichen romanischen Fassadenschmuck, der in enger Beziehung zum Mariendom steht.
Im 15. Jahrhundert wurde sodann der Name des Kloster um den Heiligen Thomas Becket, Erzbischof von Canterbury, erweitert, weches bis zur Aufhebung der Klöster im Zuge der Säkularisation 1802 bestand. Bereits 1794 gerieten jedoch große Teile der Abtei durch französische Revolutionstruppen in Brand. Nach einer kurzen Nutzung des Geländes als Gerberei, in dessen Zuge die große Abteikirche abgetragen wurde, entstand 1831 die bis 1920 bestehende sogenannte „Irrenbewahranstalt St. Thomas zu Andernach“. Nach einer kurzen Nutzung zur Unterbringung der Patienten, übernahm die St. Michaelskapelle als Krankenkapelle wieder die Funktion eines GottesOrtes.
Aufgrund des stetigen Wachstums der Stadt Andernach wurde es in den 1930er Jahren Zeit für eine zweite Pfarrkirche in der Stadt. Zunächst errichtete man 1932 eine erste Notkirche St. Albert, bis 1947 als erste Tochter der katholischen Kirchengemeinde Maria Himmelfahrt die Pfarrei St. Albert entstand. Auf dem Gelände des ehemaligen Äbtissinnenhauses, dessen Portal noch heute erhalten ist, konnte in der Folge 1954 die große Albertkirche geweiht werden. In deren Umfeld wurde die St. Michaelskapelle bis in die 1980er Jahre als kleiner Gottesdienstraum genutzt, verfiel dann aber zusehends.
In den 2010er Jahren geriet der Zustand der St. Michaelskapelle wieder in den Blickpunkt der Pfarrei, wobei die notwendige Dach- und Fassadensanierung hohe Kosten erforderte. Gleichzeitig wurde die sehr große Albertkirche als GottesOrt immer weniger frequentiert, sodass schließlich ein Totalschaden der Heizung unsere Gemeinde zu einer Entscheidung führte: Die Albertkirche soll profaniert und die Sanierung der St. Michaelskapelle mit dem Anteil einer Pfarrkirche durch das Bistum Trier unterstützt werden.
Zum Christkönigfest 2018 war es dann soweit: Weihbischof Jörg Michael Peters feierte in der Albertkirche mit der Gemeinde den letzten Gottesdienst. Zwei Wochen später, am zweiten Adventssonntag 2018, konnte Bischof Stephan Ackermann jedoch bereits den Altar der frisch sanierten St. Michaelskapelle weihen, der aus dem alten Altar der Albertkirche geschaffen wurde. Während die Albertkirche mittlerweile als koptisch-orthodoxe Kirche "Heilige Maria und St. Petrus" genutzt wird, dient die St. Michaelskapelle weiterhin als katholischer GottesOrt, dessen romanisch schlichter Innenraum besonders durch die neuen Schöpfungsfenster der Künstlers Jürgen Drewer zum Strahlen kommt.